Kunst im Fluc

IN DER KUBATUR DES KABINETTS

Anders als Anders

Mittwoch, 19. August 2015

Lutz Bielefeldt, Lisa Kortschak, Claudia Charlotte Linder, Carlos Vasconcelos, Marianne Vlaschits Djanes: Suzie Léger & Rage Pelote Kuratiert von Ursula Maria Probst und Martin Wagner


Anders als anders

Subliminale Kunstmanifestationen, widerständige Autonomie, Möglichkeiten und Sprachformen temporärer Interventionen und die Hinterfragung dessen, ob eine schöpferische Anarchie existiert, um Kunst als Stachel inmitten der urbanen Geselschaft spür- und sichtbar zu machen, bilden Ausgangs- und Berührungspunkte des Projekts "Anders als anders".
Wie sehr fördert Kunst in der Stadt ein Bewusstsein für Weltoffenheit? Wie wiedersetzt sich Kunst gleichzeitig der verführerischen Macht, sich einem öffentlichen Diskurs anzubiedern? Wie vermag durch Kunst im Stadtraum eine Andersheit thematisiert werden? Welche Kriterien des subjektiven Arbeitens mit Kunst an Orten der Urbanität, welche vielfältigen Aspekte der Stadt (speziell an einem Ort wie dem Wiener Praterstern), welche Informationslücken und Narrative oder Beschäftigungen mit Themen wie Insight the Outside, dem Hubble Ultra Deep Field oder kannibalistischen Galaxien fließen ein, um sich gleichzeitig einer Vereinnahmung oder öffentlichen Alltagsästhetisierung zu entziehen?
Sofern nichts anderes angegeben ist, sind die nun folgenden Texte von den Künstler_Innen selbst:

Lisa Kortschak, INSIGHT THE OUTSIDE, 2014, Filmkonzert, 30 min/ Full HD 16:9
Der Film zeigt urbane Landschaften, öffentliche Räume. Passant_Innen im öffentlichen Raum werden von der Kamera via Zoom aus der Ferne beobachtet. Der Filmsound entspricht 
der distanzierten Kamera und gibt Umgebungsgeräusche wieder. So kann man Unterhaltungen, die man im Bild sieht, im Ton nicht hören. Die zwischen Beobachter 
und Beobachteten geschaltete Distanz entwickelt dabei eine Eigendynamik. Der spezifische Kamerablick provoziert Spekulationen über die Ereignisse und entwickelt, indem die eigene Imagination Informationslücken füllt, sein eigenes Narrativ. Erst als den anonymen Protagonist_Innen Songtexte in Form von Untertiteln ‚unterstellt´ 
werden, wird die inhaltliche Ebene des Films klar gelenkt.
In dieses Setting werden vier Songs gesetzt. Die Performerin erscheint auf der Bühne, ‚the spotlight goes on´ und das Filmscreening kippt in ein Live-Konzert. 
Da Teile der Songs im Film mit-performt werden, überschneiden sich Außenraum/ Film und Innenraum/ Live-Konzert. Während Live-Performance und Film auf verschiedenen 
Ebenen interagieren, wechselt der Fokus zwischen Filmscreening, Live-Konzert, Filmvertonung und Soundtrack.Idee, Kamera, Schnitt, Performance: Lisa Kortschak

Claudia Charlotte Linder, Face it Baby, 2015, Textcollage
Eine Textcollage
als Bodenmarkierung.
Ein Wort, ein Satz, eine Wendung.
Lärmende, wütende, klingende Frauenstimmen
von Ursula Rucker, Kim Gorden, Laurie Anderson
und anderen.
Ein Laufsteg, der um Beachtung wirbt.
Und doch leicht zu übergehen.
Am Ende ein Spiegel:
Face it Baby, twist and shout!


Lutz Bielefeldt, Der Sieg der Vernunft, 2015, Malerei, Außeninstallation
"Seit je hat Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils." (aus: Dialektik der Aufklärung, New York 1944) Was kann da noch helfen? Ein transhumaner Zorro vielleicht? Wer weiss das schon genau. Wir können nur Vermutungen anstellen. Wir wissen nicht, ob er nach Erleuchtung greift, ob er ein Gewalttäter ist (mit guten Absichten, soviel sei im zugestanden), oder gar ein Bote der Liebe. Wir wissen auch nicht, ob er jemals etwas von Kant oder Hegel gehört hat und was sein Begriff von Vernunft ist. Immerhin, nächtens leuchtet ihm eine Strassenlaterne, die Dunkelheit zu vertreiben.

Carlos Vasconcelos, O.T. (Fluc Decke), 2015, gefärbte künstliche Wursthaut auf Kabel, Dimension variable
Die Arbeit O.T.(Fluc, Decke), 2015 ist eine Decken- Installation im Fluc Hauptraum bei der die Lichtträger, die Kabelleitung und die Metallstruktur der Decke als Träger für eine Installation mit gefärbter Wursthaut verwendet werden. Diese Assemblage betont das Spiel mit dem Material, wodurch die Arbeit eine Anspielung an die barocke Deckenmalerei darstellt.
Vasconcelos´ Hybriden haftet etwas Magisches an, zumal dort, wo die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse völlig verschmelzen und ästhetische oder stilistische Überschneidungen sichtbar werden. In den fragil gedrechselten Formen einiger Skulpturen etwa scheinen die barocken Säulen der Wiener Karlskirche deckungsgleich mit jenen der Basílica de Nossa Senhora do Carmo in Recife, eines Hauptwerkes des brasilianischen Barock. In den Wursthäuten und Waffeln, die der Künstler in seine Assemblagen einarbeitet, steckt indes ein Sinn für Kulinarik mit obsessiven Zügen, wie er die brasilianische mit der österreichischen Kultur zu verbinden scheint. Gleichsam magisch ist es auch, wie Vasconcelos die universale Ästhetik des Trash - des Weggeworfenen oder Kitschigen - bedient und in etwas Kostbares verwandelt. Hier inszeniert der Künstler eine Verführung durch die Sinnlichkeit des Alltags und den Glanz des Banalen. Es ist jener auratische Vorgang, wie er schließlich die Entstehung eines jeden Kunstwerks begründet. (Text: Kathi Hofer)

Marianne Vlaschits, Formax, 2015, Installation
Fornax ist eine Installation, die sich mit den verschiedenen, naturwissenschaftlichen Entdeckungen im Sternbild "Chemischer Ofen" beschäftigt, wozu unter anderem das Hubble Ultra Deep Field Foto zählt oder kannibalistische Galaxien. Formax gestaltet sich insofern als ein Schmelztiegel unterschiedlicher astrophysischer Entdeckungen und korrespondiert so wiederum mit dem Namen des Sternbildes, der ausgewählt wurde, um den Fortschritt in der Technik zu feiern. Der Ort der Installation ist auf der Terrasse des Flucs unter freiem Himmel und wurde gewählt, um an Sternenwarten zu erinnern, die sozusagen Prothesen des menschlichen Körpers (also des Auges) sind, mit denen man/Frau den Kosmos erforschen kann.

Lisa Kortschak, INSIGHT THE OUTSIDE, 2014, Filmkonzert, 30 min/ Full HD 16:9
Lisa Kortschak, INSIGHT THE OUTSIDE, 2014, Filmkonzert, 30 min/ Full HD 16:9

Claudia Charlotte Linder, Face it Baby, 2015, Textcollage
Claudia Charlotte Linder, Face it Baby, 2015, Textcollage

Lutz Bielefeldt, Der Sieg der Vernunft, 2015, Malerei, Außeninstallation
Lutz Bielefeldt, Der Sieg der Vernunft, 2015, Malerei, Außeninstallation

Carlos Vasconcelos, O.T. (Fluc Decke), 2015, gefärbte künstliche Wursthaut auf Kabel, Dimension variable
Carlos Vasconcelos, O.T. (Fluc Decke), 2015, gefärbte künstliche Wursthaut auf Kabel, Dimension variable

Marianne Vlaschits, Formax, 2015, Installation
Marianne Vlaschits, Formax, 2015, Installation

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