Kunst im Fluc

ARTMAPPING II

Urbane Art- und Soundscapes, Stadt erleben und hören

15.11.2007 - 31.12.2007

MIT: Manfred Grübl, Laura Horelli, Sejla Kameric', Natalia LL, Katherina Olschbaur, Roman Ondák, Florian Schmeiser, Simon Mullan & Björn Segschneider, Kuratiert von Ursula Maria Probst, Walter Seidl, Martin Wagner Im, am und ums FLUC, Praterstern 5, 1020 Wien ERÖFFNUNG 14/11/07 20:00 DAUER: 15/11/07 - 31/12/07 22:00 Live: EARZUMBA [Argentinien] (noise, collage / sampladelia, improvisation, tricky pop and electroacoustic) dj the perfumed garden


Einladungsflyer Rückseite
Einladungsflyer Rückseite

Das Projekt „ARTMAPPING II“ initiiert eine Ausweitung künstlerischer Praxis und reflektiert wie sich künstlerische Prozesse auf Verhaltenscodes im urban-kulturellen Terrain auswirken. Ausgehend von Kunst als “interventionistische Praxis”, die auf das urbane Beziehungsgeflecht ausstrahlt, werden jene performativen Relationen thematisiert, die künstlerische Prozesse in Handlungsoptionen transformieren. Spezifische gesellschaftliche Aspekte wie institutionskritische, ökonomische, feministische und ökologische Strukturen werden ebenso aufgegriffen, wie die interventionistischen Spielräume künstlerischer Praxis. Im funktional durchorganisierten und auf Kommunikation angelegten Zeichensystem des urbanen Lebens mit Werbetafeln oder Leuchtzeichen gestalten die künstlerische Interventionen von Manfred Grübl, Katherina Olschbaur oder Florian Schmeiser neue Impulse gegenüber identitätspolitischen Fragestellungen, Repräsentationskritik und die Anwendung interdisziplinärer Modelle. Konzepte zur Erstellung von Kontaktzonen, Strategien gegen Überwachungapparate und Facetten des Transkulturellen nehmen Schlüsselpositionen ein.

Als Kulturort mit freiem Eintritt ist eine Kooperation mit dem Fluc als Einzugsgebiet niederschwelliger und offener Szenen ideal für ein breites heterogenes Publikum, um kulturelle Praxis zu verhandeln. Die Organisation des Sozialen in Relation zum medialen Apparat bildet hier einen interessanten Anknüpfungspunkt. Das Thema der Sichtbarkeit und die Frage wer dadurch mit Kunst konfrontiert und sich in die Dialektik von Handlungsräumen einschreibt, wird in ARTMAPPING II durch Videos von Laura Horelli, Sejla Kameric, Natalia LL oder Roman Ondak forciert. Sich des realen Standpunkts, der urbanen Perspektivität und definitiven Verflechtungen im künstlerischem Feld des urbanen Raums, sowie der daraus resultierenden umfassenden ästhetischen und politischen Kontexte bewusst zu werden und daraus neue Strategien abzuleiten, ist das Konzept von ARTMAPPING II, das sich unter dem Label einer erweiterten Institutionskritik fassen lässt.

Manfred Grübl

4 Minuten Moskau Roter Platz,
2005-2007,
Fotoinstallation

In der 1,9 x 7 und 1,9 x 10 m langen Fotoinstallation von Manfred Grübl werden Bildmontagen, welche während einer künstlerischen Intervention am Roten Platz in Moskau entstanden sind lebensgroß an die Innenwand des Flucs affichiert. Der Rote Platz in Moskau ist durch die politische Lage in Russland immer mehr zur Hochsicherheitszone und zum Überwachungsraum geworden. Jede erfolgreiche unerkannte Durchbrechung ist folglich eine potentielle Demonstration. Fünf Personen wurden für diese Aktion speziell mit einem Mantel aus einem Transformatormaterial ausgestattet. Dieses Material, das unsichtbare kurze in sichtbare lange Lichtwelle umwandelt, bringt den Mantel zum Leuchten. Die Kleidung ist dabei so konzipiert, dass sie sich den Bedürfnissen der Demonstranten anpasst: der Mantel kann zu einer Jacke, zu einem Regelmantel oder Zelt umfunktioniert werden. Die Aktion dauerte vier Minuten – danach wurde sie von einer Polizeistreife und FSB-Leute abgebrochen.

Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation
Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation

Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation
Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation

Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation
Manfred Grübl, 4 Minuten Moskau Roter Platz, 2005-2007, Fotoinstallation

Laura Horelli

I have been considering making a video
2007,
Video. Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin

In dem 15-minütigen Video von Laura Horelli geht es um die drohende Klimakatastrophe indem die Künstlerin am Beispiel eines Schiresorts im Norden Finnlands die Zerstörung einer intakten Landschaft durch künstliche Schipisten thematisiert. Die Absurdität von prestigeträchtigen Megaprojekten in Dubais oder Beijing wären weitere mögliche Angriffspunkte. Die auf den ersten Blick naiv dilettantisch wirkende Form der Videorecherche zeigt sich auf den zweiten als kalkuliert und durchtrieben: Die Geschichte beginnt zwar mit der Recherche über künstlich beschneite Pisten in Finnland, doch sie endet in den Steppen Brandenburgs bei vorerst gescheiterten Indoor-Ski-Projekten. Dabei hat es bei Horelli bisher keine einzige Arbeit gegeben, in der die Künstlerin in Person aufgetreten wäre. Sie vermeidet eindeutige Zuordnung, verschiebt die scheinbar selbstverständliche Einheit von Person, Bild, Text und Ton. „Erste Szene: Marita Hueber, das alter ego der Künstlerin, geht am Tag die belebte Warschauer Straße in Berlin entlang. In Ich-Form spricht sie selbstbewusst direkt in die Kamera von dem Vorhaben, ein Video über ein finnisches Skigebiet zu drehen, um es in einer Berliner Galerie zu zeigen. Nicht nur, dass mit dem ersten Satz des Videos der Titel der Arbeit genannt wird. Vielmehr durchkreuzen sich in der Aussage Vorsatz – „making a video about“ – und Ergebnis – „showing it“ – Vergangenheit und Gegenwart, finnische und Berliner Heimat und nicht zuletzt Dokumentation und Inszenierung, Fiktion und Realität.“ (Max Glauner, Das Private ist politisch, artnet, 2007). Das „Private“ und das „Öffentliche“ sind im Werk von Laura Horelli sich verändernde Konstruktionen, die einer Dynamik des Ortes unterliegen. Eine Radikalisierung in der Frage nach dem subjektiven Erfahrungsraum tritt ein.

Laura Horelli, I have been considering making a  video, Video, 2007. Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin (Videostill)
Laura Horelli, I have been considering making a video, Video, 2007. Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin (Videostill)

Laura Horelli, I have been considering making a  video, Video, 2007. Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin (Videostill)
Laura Horelli, I have been considering making a video, Video, 2007. Courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin (Videostill)

Sejla Kameric

What Do I Know?
2007, Video, Farbe, Ton, 23’.
Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe

In What Do I Know? skizziert Sejla Kameric Beziehungs- und Liebesgeschichten, die sich in einem und rund um ein altes Haus abspielen. Wie Geister spuken sie immer noch im Haus herum, sind spürbar und auf der Suche nach Antworten auf die Frage: "Was wissen wir über die Liebe?" Die Arbeit ist eine persönliche Erinnerung der Künstlerin an ihr Elternhaus und eine Homage an all jene Liebesgeschichten längst vergangener Tage. Das konstruierte Element, das jeder Suche in der Vergangenheit innewohnt, wird durch den Titel ("What do I know?"), und die Eigenheit der DarstellerInnen betont: Die Erwachsenenfiguren werden von Kindern gespielt, die alle zwischen neun und vierzehn Jahren alt sind. (O.K. Centrum für Gegenwartskunst, Linz)

Sejla Kameric’, What Do I Know?, 2007, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Sejla Kameric’, What Do I Know?, 2007, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Sejla Kameric’, What Do I Know?, 2007, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Sejla Kameric’, What Do I Know?, 2007, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Natalia LL

ConsumerArt

1972-75 Video, Farbe, ohne Ton, 15’ 53”. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe


Natalia LL’s Körperkunst der 1970er Jahre konfrontiert BetrachterInnen mit mythologischen Erfahrungsmomenten, die in den menschlichen Körper eingeschrieben sind. LL dekonstruiert männliche und weibliche Körperrituale als Resultat einer männlich dominierten Kulturalisierung des Alltags. Das Video Consumer Art fokussiert in seiner Inszenierung auf körperliche und sexuelle Mythen und lässt die Protagonistinnen in einem sinnlichen Szenario Bananen, Brotstangen sowie andere Objekte von phallischer Gestalt lecken und lutschen. Der visuelle Verweis auf den Phallogozentrismus hinterfragt eine männlich privilegierte Welt und deren Kontrolle von gesellschaftlichen Beziehungen.

Natalia LL, Consumer Art, 1972-75, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Natalia LL, Consumer Art, 1972-75, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Natalia LL, Consumer Art, 1972-75, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Natalia LL, Consumer Art, 1972-75, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Katherina Olschbaur

Yussuf II

2007, Fotoinstallation

Mit Migration und der Semantik des kulturellen Rassismus setzt sich das Projekt von Katherina Olschbaur auseinander. Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung im Wandel der Identitätstrukturen spielen vor allem durch Verhaltenscodes im öffentlichen Raum eine signifikante Rolle. Katherina Olschbaur greift den Aspekt kultureller Identitäten, sozialer und ethnischer Wirklichkeiten auf. Eine Topografie der Ausdifferenzierung und eine Geografie des Austausches und der Überschneidungen wird produziert. Wie Victor Burgin argumentierte, können Repräsentationen allerdings nicht gegen das Reale antreten. Je nach Situierung im Netz der Identitätskoordinaten werden die Rezipienten die politisch, sozial und/oder kulturell motivierte Werk im urbanen Raum erfahren. Durch die unmittelbare Platzierung im öffentlichen Raum bewegen sich das Kunstprojekt rein in die Realität.

Katherina Olschbaur, Yussuf II,  2007, Fotoinstallation
Katherina Olschbaur, Yussuf II, 2007, Fotoinstallation

Roman Ondák

Resistance

2006, Video, Farbe, Ton, 8’18’’. 
Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe

Roman Ondák greift performativ in das Szenario einer Ausstellungseröffnung ein und filmt die Füße von anwesenden Gästen, wie sie durch den Saal gehen. Was sich auf den ersten Blick als zufällige Beobachtung ausgibt, stellt sich im Weiteren als gezielter Eingriff in gruppenspezifische Dynamiken und für Ondák wichtigen soziokritischen Kommentar heraus. Dem Künstler geht es um ein Mapping von Gemeinsamkeiten einer sozialen Performanz, die der Künstler jedoch unterminiert, indem er selbst in diese Performanz eingreift und sich subtil in die Vernissage einmischt. Als Zeichen der Gemeinsamkeit einer ausgewählten Gruppe von Personen filmt Ondák stets Personen, deren Schnürsenkel offen sind und die als nebeneinander stehende Gruppe auffallen. Der sich hier auftuende Widerstand symbolisiert die Verschworenheit einer Gruppe, wodurch Ondák auf eine kleine Gruppe von Gästen bzw. KünstlerInnen verweist, die die Beziehungsmechanismen innerhalb der Kunstwelt thematisieren und sich gegen die allseits überbordenden Machtsymboliken richten.

Roman Ondák, Resistance, 2006, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Roman Ondák, Resistance, 2006, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Roman Ondák, Resistance, 2006, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)
Roman Ondák, Resistance, 2006, Video. Courtesy: Kontakt. Die Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe (Videostill)

Florian Schmeiser

Winterreise

2007, Multimediale Installation

Die nächtliche Flucht wird in der Winterreise zur Allegorie über Ausgesetztheit und Fremdheit in der Gesellschaft. „Winterreise ist die Installation eines Schlafzimmers im öffentlichen Raum. Das Zimmer ist ein Implantat aus einem anderen Raum – dem First-Class-Hotel am Stephansplatz. Eine Neuvertonung von „Im Dorfe“ aus Schuberts Winterreise ertönt auf Knopfdruck aus dem kleinen biederen Nachtkästchen. Die Arbeit ist eine Fortsetzung einer Reihe von Raumimplantaten; Installationen im öffentlichen Raum, die sich mit dem Verhältnis zwischen privaten und öffentlichem Raum beschäftigen und experimentell mit gestalteten Handlungsräumen umgehen.

Florian Schmeiser, Winterreise, 2007, Multimediale Installation
Florian Schmeiser, Winterreise, 2007, Multimediale Installation

Florian Schmeiser, Winterreise, 2007, Multimediale Installation
Florian Schmeiser, Winterreise, 2007, Multimediale Installation

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